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…Als in den ersten 40r Jahren die Idee einer Schienenverbindung des nördlichen mit dem südlichen Deutschland , der Nordsee mit der Adria, welche den Centralpunkt Leipzig berühren sollte, auftauchte, theilte diese Idee die Erfahrungen fast alle großartigen Unternehmungen….

…Der streitige Punkt war der Tract von Werdau nach dem Vogtlande an die baiersche Grenze, wofür 8 verschiedene Richtungen vorgeschlagen waren….

….Die von dem Oberingenieur Major Wilke sorgfältig und mit großer Umsicht aufgesuchte Linie wurde jedoch in Angriff genommen, als einige belgische Ingenieurs sich für dieselbe ausgesprochen hatten. Handelte es sich nun nur um die Thalübergänge der Göltzsch und Elster, so wandte man sich bald den Brückenprojecten allgemeiner zu, als die mehr und mehr hervortretenden Uebelstände schiefer Ebenen die dafür erhobenen Stimmen zum Schweigen gebracht hatten.

Aus den 81 eingegangenen Zeichnungen zu den Brücken, wurde von einer durch die hohe Königliche Regierung dazu ernannten technischen Commission ein Project festgestellt und Mitte Mai 1845 der Bau in Angriff genommen. Nachdem die Bestandtheile des Fundaments die hinreichende Sicherheit boten, konnte bei Eröffnung der Bahnstrecke von Werdau nach Reichenbach unter großen Feierlichkeiten den 31. Mai 1846 der Grundstein zu dem großen Pfeiler No. 16b gelegt werden.

Nun währte es nicht lange, so stiegen aus den weiteren Schlünden compacte riesige Mauerwerke hervor, welche geeignet sein konnten dem Werke Vertrauen zu gewinne ….

….Wer hätte nicht mit Bewunderung und Staunen erfüllt, den Bauplatz verlassen, als das Getöse der Tausende von Hämmern, daß Krachen auffliegender Minen, das Rollen der Steinwagen noch fernhin vernehmlich war? So trat denn der erste wichtigere Abschnitt in der Geschichte des Baues mit der Schlußsteinlegung des untern großen Bogens den 29. September 1849, mit einem fröhlichen Feste für sämmtlich dabei Betheiligte verbunden, ein.

Mit dem allmählichen Wachsen der Pfeiler schien auch die günstige Meinung für die Möglichkeit des Gelingens zuzunehmen, bis fast unvermerkt das unglaublich rasche Vorschreiten des Baues Gegenstand der Ueberraschung für alle Besuchenden wurde.
Fast unbegreiflich fand man es daher, als ohngeachtet anhaltender ungünstiger Witterung die Schlußsteinlegung des obern großen Bogens in so rascher Folge stattfinden konnte…

Jetzt stehen wir nun bewunderungsvoll vor den mächtigen Wölbungen des vollendeten Werkes. Es hat die Probe bestanden - denn ein schwer beladener Zug passierte vergangenen Sonnabend bereits den von denselben getragenen Schienengang, ohne nur den leisesten Besorgnissen Raum zu schaffen….

Heute wohnten wir der Eröffnungsfahrt von Reichenbach über die Göltzsch- und Elsterbrücke nach Plauen bei.

Vormittags zwischen 8 und 9 Uhr langte der Festzug von Leipzig mit Se. königl. Hoheit dem P r i n z e n A l b e r t und vielen Notabilitäten auf dem hiesigen Bahnhofe an, begrüßt von den Reichenbacher Schützencorps und einer großen Anzahl aus Nah und Fern herbeigekommener Schaulustigen.

Nach kurzem Aufenthalte setzte sich der stark vermehrte Zug, an der Spitze die prächtige mit Guirlanden und Fahnen gezierte Locomative „Göltzschtal“, welche aus der Fabrik des Herrn Hartmann in Chemnitz hervorgegangen war, nach Plauen in Bewegung.
Auf dem Damm, dicht vor der Göltzschbrücke, hielt inmitten einer großen Volksmenge sowie der aufgestellten Arbeiter der Festzug, und nachdem Se. königl. Hoheit dem P r i n z e n A l b e r t der Bauplan der Brücke feierlichst übergeben worden war, fand ein ausgebrachtes dreifaches "Hoch" auf Se. Majestät unseren verehrten König und allerhöchst dessen Gemahlin den lebhaftesten Wiederhall in dem weiten Kreise der Versammelten und unter den Klängen des Sachsenliedes „Den König segne Gott“ fuhr der Festzug über die Brücke weiter den voigtländischen Bergen zu.

Auch der Himmel hatte sich allmählich aufgeklärt und erhöhte durch freundlichen Sonnenblick den festlichen Empfang, welchen Netzschkau, Limbach Herlasgrün und Ruppertsgrün in einfacher aber entsprechender Weise bereitet hatten.
Böllerschüsse verkündeten die Ankunft bei der Elsterbrücke, an deren jenseitigen Ende der Zug still stand. Hier wies, nachdem ebenfalls der Bauplan Se. königl. Hoheit übergeben worden war, Se. Excel. der Finanzminister B e h r auf die hohe Bedeutung des Tages in entsprechenden Worten hin und dankte dem großen Baumeister, unter dessen Obhut dieses Menschenwerk zu Stande gekommen.

Sodann erfolgte von Se. königl. Hoheit die Behändigung von Orden an die Herren Regierungsrath S c h i l l , Major W i l k e, Abteilungsingenieurs D o s t , K e l l und Dr. H o f m a n n in Leipzig….

Nach kurzer Fahrt langte der Festzug auf dem Bahnhofe zu Plauen, wo die Communalgarde dieser Stadt aufgestellt war, und dessen Umgebungen ebenfalls eine unzählige Menge Schaulustiger zeigten, an. Hier begaben sich die Angekommenen, unter Vorantritt Sr. königl. Hoheit des Prinzen Albert und Sr. Durchl. des Fürsten von Reuß- Greiz in die obern Räume des Hauses, wo ein vortrefflich zubereitetes Frühstück ihrer harrte. ach etwa zweistündigem Aufenthalte kehrten die Gäste mittelst desselben Zuges nach Reichenbach und weiter nach Leipzig und Dresden zurück.
Noch lange wird dieser Tag als ein Festtag in der Erinnerung der ganzen Gegend fortleben…