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Die Erfal-Stiftung belohnt das Ehrenamt mit 500 Euro. An der größten Ziegelbrücke der Welt muss sich aber noch viel drehen.

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Netzschkau. Der Fremdenverkehrsverein Nördliches Vogtland ist am gestrigen Freitag als eines von 14 prämierten Projekten mit dem Erfal-Preis 2019 ausgezeichnet worden. Stiftungsbeirat Hubert Engelhardt überreichte den 500-Euro-Scheck am Aussichtspunkt an der Göltzschtalbrücke an Vereinschefin Christa Trommer. Er überbrachte zugleich Grüße von Stiftungsvorstand Jörg Erler. Das von Erler 1984 gegründete Unternehmen Erfal aus Falkenstein produziert Sonnen- und Insektenschutzsysteme, Vorhangstangen und Dekozubehör. Den Erfal-Stiftungspreis gibt es seit 2016.

Die vor 168 Jahren eröffnete größte Ziegelsteinbrücke der Welt, 574 Meter lang, 78 Meter hoch, aus 26 Millionen Ziegeln erbaut, ist als Wahrzeichen des Vogtlandes eigentlich der Dreh- und Angelpunkt für den Tourismus rund um Reichenbach. So richtig geht es aber seit Jahren nicht voran. Im Gegenteil. Den Fesselballon, mit dem man 150 Meter hoch über das Tal der Göltzsch aufsteigen konnte, gibt es seit Ende 2013 nicht mehr. Seit 2018 hat auch das Café in Ketzels Mühle geschlossen. Altersbedingt.

Andreas Ketzel öffnet immerhin weiter seine Ausstellung zur Göltzschtalbrücke und zur Geschichte der Mühle - ohne feste Öffnungszeiten. "Wir sind Rentner und meist da. Aber manchmal hat man auch mal was vor", erklärt er. Für das leibliche Wohl der Brückenbesucher steht, ebenfalls ohne feste Öffnungszeiten, der Ballon-Imbiss mit Biergarten am Parkplatz 1 bereit. Die Toiletten nebenan sind 9 bis 17 Uhr nutzbar, mit 50 Cent über ein Drehkreuz. Und das war es dann auch.

Immerhin sorgt der Fremdenverkehrsverein Nördliches Vogtland mit fünf agilen Rentnern dafür, dass der Infopunkt am Parkplatz 1 von Ostern bis Ende Oktober täglich von 11 bis 15 Uhr besetzt ist und Besucher sowohl Informationen zur Brücke als auch über weitere Sehenswürdigkeiten im Vogtland erhalten. Sie verraten, wo man die besten Fotos machen kann, und wann der nächste Zug kommt. Täglich um 14 Uhr werden zudem für zwei Euro pro Person Führungen zur Göltzschtalbrücke angeboten.

Hubert Engelhardt würdigte das ehrenamtliche Engagement von Christa Trommer und ihres Teams. "Der Weg war sehr steinig", sagte er und erinnerte an den immerwährenden Kampf um die Finanzierung. Unbeirrt habe der Verein dennoch am Ziel festgehalten, ehrenamtlich Touristen zu betreuen. Seit 1996 war die "Rentnerbrigade" für weit über eine Million Brücken-Touristen Ansprechpartner. "2017 sicherten wir von April bis Oktober 868 Beratungsstunden ab. Pro Stunde hatten wir im Schnitt 29 Besucher", bilanziert Christa Trommer.

Übrigens wird Verstärkung gesucht. "Wir brauchen noch Leute, die am Infopunkt mitarbeiten. Keine Angst: Keiner muss gleich Brückenführungen machen. Wer aufgeschlossen und freundlich auf die Touristen zugehen kann und etwas Allgemeinwissen mitbringt, ist willkommen", sagt Christa Trommer. Dank Unterstützung vom Land Sachsen könne der Verein ab 1. August immerhin drei statt bislang zwei Euro Aufwandsentschädigung pro Stunde zahlen.

Im August, so Trommer, müsse man allerdings die Öffnungszeiten reduzieren. Heidemarie Kluge, die sonst immer vor Ort sei, müsse auch mal Urlaub machen. Deshalb werde der Infopunkt im August nur an den Wochenenden öffnen; das betreffe auch die Führungen.

Regina Möller nutzte den Termin an der Brücke, um im Namen der Gästeführer und der Bürokraft nachträglich Christa Trommer zum 75. Geburtstag zu gratulieren, den sie am 9. Juli beging. Neben einem Gedicht und einem Blumenstock hatte sie ein Kissen mit Brückenmotiv dabei. Davor hatte der Vorstand die Vorsitzende bereits zum Jubiläumskonzert ihres Jugendschwarms Peter Kraus nach Dresden geschickt. "Ihr seid so lieb zu mir. Da mache ich weiter", meinte Christa Trommer. Ein Ruhekissen wird das Kissen für die Jubilarin also nicht sein.

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Genug zu tun bleibt an der Göltzschtalbrücke ohnehin. Symbolisch dafür stehen könnte ein Reisebus, der am Freitag just zur Zeit der Ehrung den Parkplatz 1 ansteuerte. Die Touristen drängten heraus, strömten zum Fotopunkt und knipsten, zumeist mit ihren Smartphones. Zehn Minuten später rollte der Bus wieder weg. Genau das ist das Problem. Wie bekommt man die Menschen dazu, länger an der Brücke zu verweilen? Der Zweckverband, der 2020 gegründet werden soll, soll Antworten finden.

Erfal-Preis 2020 Aktuell läuft bis 30. November die Bewerbungsrunde für den Erfal-Stiftungspreis 2020. Anträge auf Förderung ihrer Projekte können Vereine, Institutionen oder Privatpersonen aus dem sächsischen Vogtland über die folgende E-Mail-Adresse stellen: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Zum FreiePresse Artikel vom 20.07.2019